Hinter dem kryptischen Akronym CIVIS BIP HUS verbirgt sich eine großartige Idee. CIVIS ist eine europäische Universitätsallianz, zu der auch die PLUS gehört. Unter anderem verfolgt diese Allianz das Ziel, für Studierende universitätsübergreifende Lehre anbieten zu können. Hier spielt das zweite Kürzel eine entscheidende Rolle. BIP steht für Blended Intensive Program. Es geht hier um eine Kombination aus Online und Präsenzlehre. Studierende nehmen für rund 3 Monate an einem Onlinekurs teil, der dann mit einer Woche Präsenzphase an einer der CIVIS-Universitäten abgeschlossen wird.
Der Leiter des Mobility Labs, Martin Loidl, war in beiden Phasen des erstmals angebotenen BIPs „Healthy Urban Systems“ involviert. Im Rahmen von drei Coursera Kursen, die federführend von Prof. Céline Rozenblat (Geographin an der Université de Lausanne) organisiert wurden, vermittelten Expertinnen und Experten aus höchst unterschiedlichen Disziplinen methodische Kompetenzen zur Modellierung und Simulation komplexer Systeme, die in weiterer Folge auf Fragestellungen der Gesundheit in städtischen Agglomerationen angewendet wurden. Dass hier die Geoinformatik einen wichtigen methodischen Beitrag leistet, ist selbstredend.
Die erste Juliwoche stand nun ganz im Zeichen der gemeinsamen Anwendung des Gelernten. Ab 1. Juli arbeiteten Studierende aus Dakar, Bukarest, Athen, Rom, Lausanne, Salzburg und Marseille an praktischen Problemstellungen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des BIP repräsentierten ein erstaunliches Spektrum an Disziplinen. Medizinerinnen waren genau so vertreten wie Soziologen, Data Scientist und Geographen.
Die Präsenzphase des BIPs war als transdisziplinäres Projekt konzipiert und wurde von der Université de Lausanne gehostet. Forschungsgegenstand waren die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitzeinseln in einem Vorort von Lausanne, Chavannes. Eingeklemmt zwischen linearer Verkehrsinfrastruktur, erlebte der Ort in den letzten Jahrzehnten ein rapides Wachstum. Die vormals landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden sukzessive bebaut; Gewässer zum Teil überbaut. Vertreter der Gemeinde Chavannes sowie Wissenschaftler die hier verschiedene Projekte durchführten präsentierten ihre Sicht der Situation. In mehreren Exkursionen bzw. Erkundungen im Feld machten sich die Studierenden auch selbst ein Bild von der Lage. Ihre Aufgabe war es dann, ein holistisches Systemmodell aufzubauen, dieses gemeinsam mit Akteuren aus Chavannes zu reflektieren und dann Interventionen zu simulieren.
Gemeinsam mit Prof. Sébastien Gadal von der Université de Aix-Marseille vermittelte Martin in mehreren Einheiten in die Grundlagen der Geoinformatik ein. Am Ende waren die Studierenden unter anderem in der Lage die räumliche Verteilung von Altersgruppen zu analysieren oder Gebäude zu identifizieren, die besonders von Hitzeinseln betroffen sind. Dabei wurde ausschließlich auf offene Daten und Open Source Software gesetzt. Dies hat unter anderem den großen Vorteil, dass die Studierenden unabhängig von Lizenzen in ihrem studentischen bzw. später beruflichen Umfeld GIS einsetzen können.
Wie immer bei inter- und transdisziplinären Vorhaben gilt es buchstäblich eine gemeinsame Sprache zu finden. Jede Disziplin kommt mit eigenen Konzepten und eigenem Vokabular. Damit auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen und Problemstellungen dann gemeinsam zu adressieren ist anfangs stets „anstrengend“, unterm Strich dann aber stets gewinnbringend. Martin verwendete einen halben Tag darauf, um gemeinsam mit den Studierenden Problemstellungen geeignet zu abstrahieren, Systemgrenzen und den räumlichen sowie zeitlichen Maßstab zu definieren und dann die entscheidenden Systemvariablen zu benennen. Auf dieser Grundlage konnten später dann auch die jeweils passenden Daten aufbereitet werden. Hier konnte Martin auf Methoden und Werkzeuge zurückgreifen, die unter anderem in den Forschungsprojekten POSITIM und DyMoN entwickelt und eingesetzt wurden.
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