Obwohl die Sonne noch hell vom Himmel über Salzburg strahlt, ist der Sommer vorbei und das neue akademische Jahr beginnt. Unter dem Motto „Ein guter Start ist die halbe Miete“ machten sich unsere Doktoranden Christian Werner und Lucas van der Meer auf den Weg, um ihre Arbeit international zu präsentieren, das eine oder andere Bier zu trinken und neue Menschen kennenzulernen.
GIScience-Konferenz
Ihre erste Station war Leeds für die Teilnahme an der GIScience-Konferenz. Sowohl für Christian als auch für Lucas war es die erste Teilnahme an dieser Veranstaltungsreihe. Kein Wunder, denn die letzte GIScience-Konferenz, die in Präsenz stattfand, liegt bereits fünf Jahre zurück! Die Konferenz bringt eine interessante Mischung von GIScience-Forschern aus verschiedenen Fachbereichen, diversen Ländern und unterschiedlichen Karrierestufen zusammen. Natürlich standen Fortschritte bei der Analyse von „Big Spatial Data“ sowie im Bereich GeoAI im Vordergrund. Aber auch Fragen der Ethik, des Datenschutzes und der Gleichberechtigung in der Geodatenwissenschaft sowie die Grenzen quantitativer Modellierung bei der Untersuchung des menschlichen Verhaltens fanden große Beachtung. Aus unserer Sicht war es sehr gut, daran erinnert zu werden, dass wir nicht die einzigen sind, die sich mit Mobilitätsforschung aus räumlicher Perspektive beschäftigen. Es ist ein aktuelles Thema im Bereich von GIScience. Umso spannender und inspirierender war es für uns, unsere Ideen und Ergebnisse mit dieser Gemeinschaft zu diskutieren.
Lucas präsentierte die Kernideen seiner bevorstehenden Doktorarbeit über menschenzentrierte Ansätze für die Zugänglichkeit von Mobilität im Rahmen des Vorkonferenz-Workshops über gerechte Zugänglichkeit und nachhaltige Mobilität. Das Format mit mehreren dreiminütigen Kurzvorträgen direkt nacheinander war sehr erfrischend. Alle Vortragenden mussten sich auf das Wesentliche beschränken und waren gezwungen, nur die wichtigsten Ideen und Erkenntnisse ihrer Arbeit hervorzuheben. Daruf folgte eine großen Gruppendiskussion im Anschluss.
Zur gleichen Zeit nahm Christian an einem Workshop über Zentralitätsindikatoren für die Analyse von Straßennetzen teil, der perfekt zu aktueller Forschung im Rahmen seiner Doktorarbeit passte. In einer kleinen, aber sehr motivierten Gruppe von Teilnehmenden wurden Themen diskutiert, die von Anwendungsbereichen der Zentralitätsanalyse über nützliche Zentralitätsmetriken und deren potenzielle Verzerrungen bis hin zur Verortung der zentralitätsbasierten Netzwerkanalyse im Rahmen einer breiteren Palette von Methoden reichten. Darüber hinaus wurden Ideen für mögliche Erweiterungen der Open-Source Routing-Engine Openrouteservice entwickelt, um zentralitätsbasierte Analysen zu ermöglichen. Vielen Dank an Christina Ludwig und Adam Rousell von der Universität Heidelberg bzw. HeiGIT, die diesen Tag des Wissensaustauschs ermöglicht haben!
In den Konferenz-Sessions vertrat Christian das Mobility Lab mit seiner aktuellen Arbeit über die Verwendung räumlicher Normalisierung zur Kompensation systematischer Verzerrungen in der Berechnung von Betweenness Centrality in räumlichen Netzen. Während das Betweenness-Zentralitätsmaß häufig verwendet wird, um die Bedeutung einzelner Straßen innerhalb eines Verkehrsnetzes zu bewerten, berücksichtigt diese Metrik aus der Netzwerkwissenschaft keine räumlichen Faktoren. Die räumliche Konfiguration des Netzes (z. B. die Knotendichte) hat jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Ergebnisse. Durch räumliche Normalisierung kann dieser Effekt kompensiert werden. Beispiele, Code oder das zugehörige Short Paper sind hier zu finden. Wir haben die im Anschluss an die Präsentation geführten Diskussionen über Netzwerkmorphologie und Zentralitätsmetriken sehr geschätzt.
Lucas präsentierte auf der Konferenz ein Poster über unseren systematischen Workflow zur Bewertung der Fahrradfreundlichkeit in urbanen Straßennetzen vorstellte. Dieser Workflow befindet sich derzeit noch in Entwicklung, und das Poster enthielt sowohl eine Beschreibung des aktuellen Stands (ein Open-Source-Softwarepaket zur Quantifizierung der Fahrradfreundlichkeit auf der Grundlage von Netzeigenschaften, die von OpenStreetMap abgeleitet wurden) als auch einen Ausblick auf künftige Forschungsziele (Integration subjektiver Faktoren im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Umgebung, in der sich die Menschen bewegen). Dies alles wurde in Form einer Zeichnung präsentiert, und wir baten alle interessierten KonferenzteilnehmerInnen, ihre eigenen Zeichnungen von einer bestimmten Radtour, die sie gerne machen, hinzuzufügen. Wir glauben, dass Zeichnungen eine gute Möglichkeit sind, um herauszufinden, woran sich die Menschen bei ihren Fahrten erinnern und was sie für wichtig halten. Für den Moment war es nur ein Mittel, um auf ansprechende Art mit dem Publikum zu interagieren. Vielleicht entwickeln wir daraus aber in Zukunft ein strukturiertes wissenschaftliches Experiment. Bleiben Sie dran! Wir haben uns gefreut, dass der interaktive Ansatz unseres etwas unkonventionellen Posters gut ankam und wir den Preis für das beste Poster erhalten haben. Vielen Dank an alle für die Teilnahme und den Zuspruch! Bei Interesse finden Sie die dazugehörige Software (in Arbeit!) hier.
Alles in allem war der „ernste“ Teil der Konferenz großartig, aber wie so oft waren die sozialen Aspekte diejenigen, die uns am meisten in Erinnerung bleiben werden. Wir haben uns gefreut, so viele Gleichgesinnte zu treffen, haben einige alte Freunde wiedergesehen und viele neue Kontakte geknüpft. Ein herzliches Dankeschön an die Organisatoren! Wir hoffen, auch bei der nächsten GIScience-Konferenz wieder dabei zu sein – wo auch immer sie in zwei Jahren stattfinden wird.
Besuch bei der ITU Kopenhagen
Nach einem Wochenende, an dem beide die atemberaubende Natur der Yorkshire Dales und des Lake District erkundeten (Christian mit dem Zug und zu Fuß, Lucas mit dem Fahrrad), machte das Duo einen Zwischenstopp in Kopenhagen, um die Forschungsgruppe Networks, Data & Society (NERDS) der IT University zu besuchen. Während des Mittagessens präsentierten sie einen Überblick über die Forschung am Mobility Lab sowie die spezifischen Herausforderungen, die sie im (verbleibenden) Rahmen ihrer Doktorarbeit angehen wollen. Es folgte eine „ausgedehnte Kaffeepause“, in der alle möglichen Herausforderungen und Möglichkeiten der räumlichen Netzwerkanalyse, der Programmierung, aber auch des (akademischen) Lebens im Allgemeinen diskutiert wurden! Der Abend war für „Data and Beers“ reserviert (https://datasci.social/@DataBeersCph). Ist das nicht eine tolle Kombination? Interessante Vorträge von DatenwissenschaftlerInnen im Stil von TED-Talks und dazu Freibier. Vielleicht sollten wir versuchen, dieses Konzept auch nach Salzburg zu bringen… Wir danken insbesondere Ane Rahbek Vierø, Anastassia Vybornova und Michael Szell für die Einladung und hoffen, dass dies der Ausgangspunkt für weitere Kooperationen und Wissensaustausch ist!
In der Zwischenzeit sind wir alle wieder an unserem Campus in Salzburg angekommen – vollgepackt mit einer Menge neuer Ideen und wahrscheinlich zu wenig Zeit, um sie alle umzusetzen. Jedenfalls sind wir überzeugt davon, dass es in der Wissenschaft darum geht, Wissen offen zu teilen, Herausforderungen zu diskutieren und gemeinsam Lösungen zu finden. Wir sind sehr glücklich, viele nette Menschen getroffen zu haben und hoffentlich auch in Zukunft zu treffen, die genauso denken.
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